Fallbericht November/2018:

Patient:
Schäferhund-Mischling, 11 Jahre, männlich kastriert

Vorbericht:
Der Hund war in den letzten Wochen klinisch nicht auffällig. Er hatte keine chronischen Vorerkrankungen, war normal geimpft und ohne Einfluss von Medikamenten. Er war immer in Deutschland ohne Auslandsaufenthalt.

Die Besitzer beobachteten in den letzten fünf Stunden eine zunehmende Mattigkeit. Der Hund hatte mehrfach erbrochen, teils Futterbestandteile, teils galliges Material und war nun auch appetitlos. Die Aufnahme von Fremdmaterial schlossen die Besitzer aus. Er schien sich stündlich klinisch zu verschlechtern, so dass die Besitzer ihn besorgt als Notall in der Klinik vorstellten.

Klinische Untersuchung:
Das Allgemeinbefinden war sehr stark gestört. Die Schleimhäute waren blassgelb, die Körperinnentemperatur deutlich auf 40,1 °C erhöht. Der Hund hatte eine Pulsfrequenz von 140/Minute und eine Atemfrequenz von 45/Minute. Die KFZ war leicht verlängert. Das Abdomen war vor allem im Bereich des kranialen Mesogastriums stark angespannt und nicht in die Tiefe palpierbar.
Weitere Auffälligkeiten waren bei der Untersuchung nicht feststellbar.
Bei dem Hund wurden zeitnah weiterführende Untersuchungen in Form eines großen Blutbildes, Röntgen des Abdomens sowie eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens eingeleitet.

Ergebnisse weiterführender Untersuchungen:
Die Röntgenuntersuchung des Abdomens (Abb. 1) im laterolateralen Strahlengang ergab eine gleichmäßige diffuse Gasfüllung des Dünndarmes. Auffällig war ein Detailverlust des Abdomens mit Betonung des kranialen Mesogastriums.
Bei der Blutuntersuchung (Abb. 2) zeigte sich eine mäßige Leukozytose mit Neutrophilie und ggrd Linksverschiebung im Ausstrich. Zudem war in der klinischen Chemie eine deutliche Erhöhung der ALAT und AP sowie eine mäßige Hyperbilirubinämie feststellbar. Die Urinuntersuchung ergab eine deutliche Bilirubinurie. Die Laborbefunde deuteten auf einen hepatischen Ikterus hin.
In Verbindung mit dem progressiven klinischen Bild und dem ausgeprägten Abdominalschmerz waren differentialdiagnostisch eine akute nekrotisierende Hepatitis, akute Cholezystitis oder eine größere Neoplasie der Leber am wahrscheinlichsten.
Die Ultraschalluntersuchung des Abdomens (Abb. 3 und 4) ergab ein diffus verändertes Leberparenchym, dass mäßig inhomogen erschien und einen grobkörnigen, teilweise auch leicht nodulär veränderten Aspekt aufwies. Im Leberparenchym waren multifokal Gaseinschlüsse erkennbar. Die Gallenblasenwand war zudem verdickt. In der Leberumgebung war eine geringe Menge an freier Flüssigkeit feststellbar. Das Peritoneum hatte hier einen diffus hyperechogenen Charakter.
Es wurde Aszites per Punktion gewonnen und untersucht. Die Diagnostik ergab ein Exsudat mit einem spezifischen Gewicht von 1038, einem Eiweiß von 6 g/l und einem septisch purulentem Zellbild mit Phagozytose von verschiedenen Bakterienarten (Abb. 5).
Im Anschluss wurde eine Feinnadelbiopsie der Leber durchgeführt und zytologisch untersucht (Abb. 6). Es zeigte sich eine massive septische purulente Entzündung im nekrotischen Lebergewebe mit hohem Gehalt an Bakterien.
Eine bakteriologische Untersuchung wurde eingeleitet.
Somit deuteten die Befunde auf eine eitrig-nekrotisierende Hepatitis hin.

Weiterer Verlauf:
Mit den Besitzern wurde die äußerst vorsichtige Prognose besprochen. Sie entschieden sich für einen intensivmedizinischen Therapieversuch.
Der Hund wurde stationär aufgenommen und erhielt folgende Medikamente:
Amoxicillin-Clavulansäure i.v., zweimal täglich
Marbofloxacin i.v., einmal täglich
Metronidazol i.v., zweimal täglich
Ursochol oral einmal täglich
Vitamin E/Selen einmal täglich s.c. als antioxidative Medikation
Omeprazol zweimal täglich oral
Maropitant einmal täglich s.c.
Fentanyldauertropfinfusion als intensive Analgesie
Infusion mit Plasmaexpandern und kristalloider Infusionslösung entsprechend dem Bedarf
Der Hund verbesserte sich in den ersten zwei Tagen klinisch deutlich, verschlechterte sich aber dann wieder am Tag 3. Es wurde eine diagnostische Laparotomie durchgeführt, um zu prüfen, ob eine Leberlappenresektion ggf. sinnvoll sein könnte. Intraoperativ wurden von verschiedenen Lokalisationen in unterschiedlichen Lappen zytologische Proben entnommen, die überall noch deutliches bakterielles Wachstum zeigten. Das Lebergewebe war makroskopisch stark verändert und wies überall Anzeichen einer Nekrotisierung auf.
In Anbetracht der sehr fraglichen Prognose entschieden sich die Besitzer für die Euthanasie des Tieres.
Eine histologische Untersuchung von mehreren Lebergewebeproben ergab nur eine nekrotisierende septische purulente Hepatitis ohne weitere Anzeichen einer Neoplasie.
Die eingeleitete bakteriologische Untersuchung wies E. coli sowie Staphylokokken als bakterielle Ursache nach, wobei die eingesetzten Antibiotika in der Kombination sensitiv waren.

Beurteilung:
Progressive nekrotisierende septische purulente Hepatitiden und Cholezystitiden werden nur gelegentlich bei Hunden und Katzen beobachtet. Die Ursache lässt sich häufig nicht klären. Eine hämatogene Besiedlung oder häufiger aszendierende Infektion über den Gallengang ist möglich. Selten werden solche Entzündungen durch wandernde Magenfremdkörper ausgelöst.
Mit Hilfe der Klinischen Diagnostik und Zytologie war hier schnell die Leberpathogenese ansprechbar. Trotz sehr intensiver Therapie ließ sich das Geschehen nicht aufhalten, vermutlich infolge der schon stark ausgedehnten nekrotisierenden Läsionen in der Leber.

Abb 1

Abb1

Abb 3

Abb3

Abb 4

Abb4

Abb 5

Abb5

Abb 2

Blutuntersuchung:

Leukozyten (n/µl) 17500 (6000-11000)
Erythrozyten (Mill/µl) 7,1 (5-8,5)
Hämoglobin (mmol/l) 9,3 (9,3-11,8)
Hkt (%) 44 (40-55)
Thrombozyten (n/µl) 261000 (150000- 500000)

Retikulozyten (n/µl)

15.000 (>60.000)
Na (mmol/l) 143 (140-155)
K (mmol/l) 4,3 (3,9-5,1)
Kalzium (mmol/l) 2,71 (2,3-3)
Kalzium ion. (mmol/l)   (1,1-1,4)
Phosphor (mmol/l) 1,1 (0,9-1,6)
Glukose (mmol/l) 5,3 (3-6,7)
Harnstoff (mmol/l) 6,9 (3,3-8)
Kreatinin (µmol/l) 152 (<159)
ALAT (IU/l) 752 (<50)
AP (IU/l) 678 (<100)
Cholesterin (mg/dl)  201 (100-250) 
Bilirubin (mg/dl) 2,1 (< 0,2)
Gesamteiweiß (g/l) 61 (55-70)
Albumin (g/l) 29 (23-32)

 

Urinuntersuchung:

Spezifisches Gewicht 1040
ph 6,7
Bilirubin ++
Glukose -
Sediment o.B.
Hämoglobin -
Protein -

 

 

Abb 6

abb6