Fallbericht April 2019:

Patient:
Rottweiler-Mischling, 8 Jahre, männlich kastriert

Vorbericht:
Bei dem Hund wurde vom Besitzer eine haselnussgroße Umfangsvermehrung am Rumpf festgestellt. Der Besitzer wünschte eine Entfernung dieses Knotens ohne weitere Voruntersuchungen. Das Allgemeinbefinden war ungestört. Der Hund hatte keine chronischen Vorerkrankungen, war normal geimpft und ohne Einfluss von Medikamenten. Er war immer in Deutschland ohne Auslandsaufenthalt.

Klinische Untersuchung:
Das Allgemeinbefinden war ungestört. Die Schleimhäute waren rosa, die Körperinnentemperatur betrug 38,4 °C. Der Hund hatte eine Pulsfrequenz von 120/Minute und eine Atemfrequenz von 24/Minute. Die KFZ war normal. Das Abdomen war palpatorisch unauffällig. Im Bereich der seitlichen Bauchwand war eine circa 3cm große subkutane, verschiebliche Umfangsvermehrung tastbar.
Weitere Auffälligkeiten waren bei der Untersuchung nicht feststellbar.
Bei dem Hund wurde nun eine Feinnadelbiopsie der Umfangsvermehrung durchgeführt.

Ergebnis der Feinnadelbiopsie der Umfangsvermehrung:
Die zytologische Untersuchung der Feinnadelbiopsie (Abb. 1) ergab ein zellreiches Präparat mit einer sehr pleomorphen histiozytären Zellpopulation. Die Zellen wiesen eine ausgeprägte nukleäre Atypie auf. Es waren zahlreiche Kernmalignitätskriterien und eine deutlich erhöhte Mitoserate feststellbar.
Die Diagnose lautete hochmalignes histiozytäres Sarkom.
Wir empfahlen vor einer chirurgischen Resektion des Tumors weiterführende Untersuchungen, um die Ausdehnung des Geschehens einordnen zu können.

Es wurde daher zunächst eine Blutuntersuchung eingeleitet.
Bei dieser (Abb. 2) zeigte sich eine mittelgradige Thrombozytopenie. Weitere Abweichungen waren nicht feststellbar. Eine eingeleitete Gerinnungsdiagnostik war nicht auffällig. Als Arbeitshypothese wurde hier eine paraneoplastische Thrombozytopenie vermutet und dem Besitzer geraten, eine Röntgenuntersuchung des Thorax sowie abdominale Sonographie durchzuführen.
Die Röntgenuntersuchung des Thorax war ohne besonderen Befund.
Bei der Ultraschalluntersuchung des Abdomens (Abb. 3) war eine mittelgradige Splenomegalie feststellbar, wobei ein diffus inhomogenes, nodulär verändertes, irreguläres Parenchym auffiel. Die restlichen Bauchstrukturen waren nicht verändert.
Aufgrund des Primärtumors und der paraneoplastischen Thrombozytopenie bestand die Vermutung, dass hier eine sarkombedingte, infiltrative Splenomegalie vorlag.
Daher wurde mit dem Besitzer abgestimmt, dass zunächst eine Feinnadelbiopsie der Milz erfolgen musste, um weitere Entscheidungen für das therapeutische Vorgehen treffen zu können. Die Thrombozytopenie wurde als nicht so hochgradig eingestuft, dass eine Feinnadelbiopsie mit einer 24 G-Nadel mit einem großen Blutungsrisiko verbunden war. Daher wurde unter Ultraschallkontrolle an 3 Stellen eine Feinnadelbiopsie der Milz im Wachzustand durchgeführt. Es waren dabei keine Blutungen feststellbar.
Die zytologische Untersuchung der Feinnadelbiopsie der Milz (Abb. 4) ergab eine diffuse Infiltration durch ein histiozytäres Sarkom.

Weiterer Verlauf:
Mit dem Besitzer wurde das weitere Vorgehen kritisch diskutiert. Es wurde über die sehr unsichere Prognose auch bei chirurgischer Entfernung des Hautknotens in Verbindung mit einer Splenektomie gesprochen.
Dieses Vorgehen erschien erfolgversprechender zu sein, wenn man postoperativ eine adjuvante Chemotherapie durchführte. In diesem Fall wurde eine adjuvante Therapie mit Lomustin angeraten.
Der Besitzer entschied sich zur Durchführung dieser Maßnahmen.
Die subkutane Umfangsvermehrung am Rumpf wurde mit Resektionsgrenzen von zwei Zentimetern im Gesunden entfernt. Zudem wurde eine Splenektomie durchgeführt. Der Hund erhielt darauf hin Lomustin in einer Dosis von 70 mg/m2 alle 3 Wochen.
Er vertrug das Medikament gut und zeigte durchweg ein sehr gutes Allgemeinbefinden. Bei Blutkontrollen waren keine Auffälligkeiten feststellbar. Er wird in regelmäßigen Abständen kontrolliert und ist aktuell seit 6 Monaten in kompletter Remission.

Beurteilung:
Histiozytäre Sarkom können in der Haut einzeln oder multipel auftreten. Sie müssen von reaktiven histiozytären Erkrankungen abgegrenzt werden. Bei histiozytären Sarkomen ist eine Beteiligung abdominaler Organe wie Milz, Lymphknoten oder Leber möglich. Es kann auch zu einer pulmonalen Metastasierung kommen. Das biologische Verhalten dieser Tumoren ist individuell sehr unterschiedlich aber stets muss die Prognose sehr vorsichtig gestellt werden. Wenn kein primär multiples Verhalten des Tumors festgestellt wird, kann eine chirurgische Resektion erfolgen. Eine adjuvante Chemotherapie kann sich im Nachhinein positiv auswirken, allerdings gibt es auch viele Verläufe, bei denen eine Chemotherapie gar keinen nachweisbaren Effekt ausübt. In diesem Fall wäre eine chirurgische Resektion des Hauttumors ohne weitere Vordiagnostik für den Hund fatal verlaufen. Es zeigte sich, wie sinnvoll eine entsprechende präoperative zytologische Diagnostik ist. Darüber hinaus war hier mit einer Thrombozytopenie ein klassisches paraneoplastisches hämatologisches Syndrom gegeben, dass Anlass geben sollte, weitere präoperative Untersuchungen wie Röntgendiagnostik und Ultraschall des Abdomens einzuleiten. Die sonographisch feststellbare Milzveränderung wurde mit einer FNAB-Zytologie abgeklärt. In der Regel lässt sich die Milz wie auch andere abdominale Strukturen komplikationslos im Wachzustand punktieren. Dieses war auch hier möglich und die gewonnene Information war für das weitere therapeutische Vorgehen sehr wichtig. Aktuell ist der Hund trotz der regelmäßig durchgeführten adjuvanten Chemotherapie in einem sehr guten klinischen Zustand.

Abb. 1 FNAB-Zytologie der subkutanen Umfangsvermehrung

bild1

Abb. 3 Sonographiebefund der Milz

bild2

Abb. 4 FNAB-Zytologie der Milz

bild3

 

Abb. 2 Hämatologie und klinische Chemie

Leukozyten (n/µl) 7600 (6000-11000)
Erythrozyten (Mill/µl) 7,4 (5-8,5)
Hämoglobin (mmol/l) 10,6

(9,3-11,8)

Hkt (%) 49 (40-55)
Thrombozyten (n/µl) 41000 (150000- 500000)

Retikulozyten (%)

  (>60.000)

Ausstrich: o.B.

   

PT (s)

 14 (12-18)

aPTT (s)

23

(19-27)

Na (mmol/l) 145 (140-155)
K (mmol/l) 4,6 (3,9-5,1)
Kalzium (mmol/l) 2,4 (2,3-3)
Kalzium ion. (mmol/l)   (1,1-1,4)
Phosphor (mmol/l) 1,2 (0,9-1,6)
Glukose (mmol/l) 5,7 (3-6,7)
Harnstoff (mmol/l) 6,7 (3,3-8)
Kreatinin (µmol/l) 142 (<159)
ALAT (IU/l) 34 (<50)
AP (IU/l) 55 (<100)
Cholesterin (mg/dl) 182 (100-250)
Bilirubin (mg/dl) 0,1 (< 0,2)
Gesamteiweiß (g/l) 63 (55-70)
Albumin (g/l) 27 (23-32)